19. November 2021
Die Zukunft der Feldrobotik – Eine Bestandsaufnahme
Wir wollten wissen: Wie sehen PraktikerInnen den Einsatz von Feldrobotik? Dafür haben wir viele Gespräche geführt und eine Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse findet ihr in diesem Blogbeitrag.
Von Konstantin Sprenger
Einen Monat haben wir uns mit dem Thema Feldrobotik auseinandergesetzt: Auf die Mecklenburgischen Landwirtschaftsmesse (MeLa) haben wir einen Feldroboter mitgenommen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, mit dem Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern Dr. Till Backhaus über das Thema gesprochen. Wir waren in Gatow auf einem Feldtag zur Feldrobotik und haben dort die Meinungen von Praktikern und Herstellern eingeholt. Außerdem haben wir online, auf der MeLa und auf dem Feldtag eine Umfrage mit 95 TeilnehmerInnen zu dem Thema durchgeführt, um eine breitere Meinung abbilden zu können. Dabei wollten wir eine möglichst große Meinungsvielfalt abbilden und haben deshalb Menschen aus der Praxis, der Industrie, der Politik und Behörden, der Wissenschaft und aus Nichtregierungsorganisationen genauso wie VerbraucherInnen befragt.
Wie sehen LandwirtInnen die Perspektive?
Ein knappes Viertel der Befragten (s. Graphik 1) führt einen eigenen Betrieb : Von ihnen wollten wir wissen, welche Aspekte wichtig für die Kaufentscheidung sind, wann sie mit dem Einsatz planen und welche Art von Feldroboter es sein sollte.
Dabei stellte sich heraus (s. Graphik 2), dass wirtschaftliche Gesichtspunkte wie die Investitionssumme und Produktivität die größte Rolle spielen, gefolgt von Bodenschonung, Kompatibilität und praktischen Erfahrungsberichten. Die Wirtschaftlichkeit der Anwendung hat sich auch immer wieder in unseren Gesprächspunkt als zentral herauskristallisiert. Benjamin Wacker, Geschäftsführer der Agrikontor Neuholland GmbH, meint beispielhaft dazu: „Der Feldandroid wird dann irgendwann die Zukunft seien – sofern er bezahlbar ist.“.
Die Variabilität der Einsatzmöglichkeiten, Datensicherheit, gesellschaftliche Akzeptanz und die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Nutzung spielen in dem Kontext eine untergeordnete Rolle. Bemerkenswert ist, dass die gemeinsame Nutzung, die in einer Studie von Olivia Spykman bei den bayerischen LandwirtInnen präferiert wird, relativ unwichtig erscheint. Das könnte mit den unterschiedlichen Strukturen in Bayern und Ostdeutschland zusammenhängen.
Investitionshorizont und gewünschte Roboterart der PraktikerInnen
Ein Viertel der befragten BetriebsleiterInnen plant den Einsatz so bald wie möglich oder im nächsten Jahr (s. Graphik 3), die Hälfte eher mittelfristig in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Immerhin 13,5% sehen auf ihren Feldern niemals einen Feldroboter fahren. Auch das deckt sich mit den Erfahrungen, die wir in persönlichen Gesprächen gesammelt haben: Häufig wurde der Eindruck geschildert, dass die Technik erst mittelfristig für die flächendeckende Nutzung weit genug entwickelt sei.
Hinsichtlich der gewünschten Roboterart sind die Möglichkeiten noch offen, auch wenn sich eine Tendenz erkennen lässt (s. Graphik 4). Am beliebtesten ist die Plattformlösung mit verschiedenen Anbauoptionen, gefolgt von dem Roboter mit spezialisiertem Anwendungsgebiet. Nur 15% und damit am unbeliebtesten ist die Variante autonome Zugmaschine. Allerdings können sich mehr als die Hälfte der BetriebsleiterInnen alle Möglichkeiten vorstellen.
Größe und Assoziationen mit Feldrobotik
Bei der Frage, welche Größe eines Feldroboters, hat sich über die 95 TeilnehmerInnen eine nahezu perfekte Normalverteilung eingestellt (s. Graphik 5): Das Optimum liegt laut den Befragten wohl in der Mitte zwischen den beiden vorgegeben Polen klein (100 kg) und groß (5.000 kg).
Wenn nach den Assoziationen zu Feldrobotern gefragt wird, überwiegen die positiven stark den negativen (s. Graphik 6). Circa zwei Drittel geben geringere Bodenverdichtung und Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln an. Jeweils etwa 60% verbinden mit dem Thema steigende zeitliche Flexibilität der LandwirtInnen und eine Lösung für den Personalmangel in der Landwirtschaft. Gut 20% sehen auch eine Stärkung der Biodiversität durch kleinräumige Bewirtschaftung.
Die negativen Aspekte geringes Marktangebot, zeitaufwändige Bedienung und Reparaturen, Haftungsrisiken und fehlende Kompatibilität mit herkömmlichen Maschinen assoziieren die UmfrageteilnehmerInnen weitaus seltener. Steigender Gewinn nimmt zwar auch eine untergeordnete Rolle ein, wird jedoch sehr viel häufiger mit dem Thema verbunden als sinkender Gewinn.
Auswirkungen des Feldrobotereinsatzes und fördernde Faktoren
Wie wirkt sich die Feldrobotik auf das Verhältnis von LandwirtIn zum Betrieb aus? Da schätzen die Befragten es insgesamt als eine Tendenz hin zu einem verbesserten Verständnis des Betriebs ein (s. Graphik 7). Die gegenüberliegende Antwortmöglichkeit einer Entfremdung vom Betrieb wurde zwar auch gewählt, jedoch im Vergleich seltener. Das ist ein interessanter Aspekt, weil oftmals ein technikskeptisches Bild der Gesellschaft gezeichnet wird, das sich in der hier dargestellten vorteilhaften Annahme der Konsequenzen nicht bestätigen lässt. Die Aussagekraft muss an dieser Stelle aber eingeschränkt werden, da es sich um keine repräsentative Studie handelt und die meisten Befragungen in einem landwirtschaftlichen Kontext stattgefunden haben.
Für das Vorantreiben des Einsatzes von Feldrobotik scheint den meisten UmfrageteilnehmerInnen die technische Weiterentwicklung der Roboter hinsichtlich Spezialisierung und Kompatibilität am wichtigsten (s. Graphik 8). Aber die Festlegung eines rechtlichen Rahmens für Haftungsfragen und praktische Erfahrungsberichte sind kaum unwesentlicher mit jeweils etwa zwei Dritteln Zustimmung. Finanzielle Fördermöglichkeiten spielen für mehr als die Hälfte auch eine Rolle. Einzig die Steigerung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Feldrobotern scheint kaum eine Rolle zu spielen.
Was ist die Perspektive?
Was lässt sich aus unseren Erfahrungen ableiten? Das Thema ist nicht mehr in der Nische. Für die meisten PraktikerInnen ist nicht mehr die Frage, ob Feldrobotik, sondern wann sie zum Einsatz kommt.
Grundlegend dafür sind wirtschaftliche Gesichtspunkte: Feldroboter kommen zum Einsatz, wenn sich gezeigt hat, dass sich die Investition lohnt. Wie in jeder technischen Entwicklung, muss jemand damit anfangen, um das aufzuzeigen. Die meisten LandwirtInnen gehen davon aus, dass diese Entwicklung erst mittelfristig eintritt, und haben geringe Sorge wegen einer möglichen gesellschaftlichen Inakzeptanz. Außerdem müssen politische Rahmen zu Haftungsfragen und möglichen Förderungen gesetzt werden.
Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Entwicklung nicht zu einem Selbstzweck wird sondern mit den AnwenderInnen zusammen gedacht wird – oder wie Prof. Langosch von der Hochschule Neubrandenburg meint: „Wichtig ist, dass wir jetzt nicht sagen, das Heil liegt nur in der Robotik. Was wir brauchen und brauchen werden, sind hochqualifizierte Menschen, die mit dieser Technik umgehen können, die sie nicht nur bedienen, sondern auch einordnen können.“