28. November 2018
Wir stehen vor der nächsten Stufe der Revolution in der Landwirtschaft
Interview mit Dr. Josef Bosch, FarmFacts
Dr. Josef Bosch ist Geschäftsführer der FarmFacts GmbH, einer Tochtergesellschaft der BayWa. FarmFacts, ist Vorreiter beim Digital Farming – und Partner der Konferenz Farm&Food 4.0. Wir sprachen mit Dr. Josef Bosch über die Chancen und Hürden der Digitalisierung in der Landwirtschaft.
Farm & Food: Welchen konkreten Chancen bietet die Digitalisierung für die Landwirtschaft?
Dr. Josef Bosch: Die Digitalisierung bietet die Chance, die nächste Stufe einer Revolution auszulösen, so wie bei der Erfindung der Mineraldüngung, der Schlepper oder der Züchtung. Sie stellt ein wesentliches neues Qualitätskriterium für die Arbeit in der Landwirtschaft dar.
Warum passen Hightech und Ökologie so gut zusammen?
Ökologie ist eine Naturwissenschaft, bei der es darum geht, das Gleichgewicht zu halten. Die Digitalisierung ist eine wissenschaftliche Methode, um dieses Gleichgewicht zu ergründen und zu steuern. Da wird nicht gemutmaßt oder politisiert, sondern es geht um Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse, die innerhalb von digitalen Lösungen angewendet werden. Das, was dabei herauskommt, wird berechenbar. Dadurch erhöht sich die Trefferquote, die wir in der Natur haben, enorm, weil wir vom “gefühlt richtigen Handeln” zum richtigen Handeln kommen.
Wo stehen wir heute, und welchen Hürden gibt es noch zu nehmen beim Einsatz digitaler Lösungen im Acker und Stall?
Die schlimmste Hürde ist die im Kopf. Man muss einen neuen Schritt gehen. Die Digitalisierung wird einiges in der Landwirtschaft auf den Kopf stellen. Ich vergleiche es mit der Umstellung vom Pferd auf den Traktor – auch das war nicht einfach für die Landwirte. Diese Hürde müssen wir nehmen. Daneben gibt es die täglichen Reibungsverluste, die mit der Bürokratie und dem Umgang mit staatlichen Behörden zu tun haben – aber die Hürde im Kopf zu überwinden ist die größere Herausforderung.
Was ist für Sie gute landwirtschaftliche Praxis und warum können Algorithmen den Landwirt (noch) nicht ersetzen?
Gute landwirtschaftliche Praxis sieht sich der Herausforderung gegenüber, dass wir demnächst 10 Mrd. Menschen ernähren müssen. Wir müssen die Landwirtschaft intensivieren – aber so, dass dieser Planet nicht unter der Last der Menschen zusammenbricht. Ein guter Landwirt schafft es – vielleicht noch besser mit den digitalen Methoden – die Ernährung der Menschen im Einklang mit der Natur hinzubekommen und gleichzeitig gesunde und bezahlbare Nahrungsmittel zu produzieren, ohne dass die Umwelt dabei in die Knie geht. Algorithmen werden die Arbeit des Landwirts niemals ersetzen können, aber sie können sie verbessern. Die Arbeit des Landwirts verändert sich, weil die Algorithmen zum Teil die Steuerung der Maschinen übernehmen.
Wenn er sich auf seinem Betrieb für die richtigen Algorithmen entschieden hat, dann können die Algorithmen Entscheidungen für ihn treffen, die er bislang gar nicht selbst treffen kann. Er kann nicht bei der Überfahrt über einen Acker entscheiden, wie viel jetzt an dieser Stelle genau gedüngt werden muss. Das kann aber der Algorithmus eines digitalen Systems. Die Entscheidung für und die Einstellung des digitalen Systems ist aber seine Leistung, die ihn als guten oder schlechten Landwirt qualifiziert.
Was ist der Stellenwert der Konferenz Farm & Food 4.0 für Sie und was erwarten Sie von Ihrer Beteiligung als Sponsor?
Der Stellenwert der Farm&Food 4.0 liegt in der öffentlichkeitswirksamen Darstellung dieser neuen Entwicklungen. Wir brauchen bei der Digitalisierung in der Landwirtschaft die öffentliche Anerkennung. Wir müssen kommunizieren, was wir tun. Nur wenn die Verbraucher erkennen und wertschätzen, was gerade in der Landwirtschaft an positiven Dingen mit der Digitalisierung geschieht, dann werden wir Erfolg haben bei der Umsetzung in der Praxis. Deshalb sind solche Veranstaltungen gerade jetzt am Beginn der Entwicklung so wichtig.