19. Januar 2018
Ressourcen schonen und Transparenz schaffen
Kongress Farm & Food 4.0 zur Digitalisierung der Land- und Lebensmittelwirtschaft
Über die Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft reden viele. Erst durch die Digitalisierung wird sie zu einer wirkungsvollen Verbindung, wie sich während des Fachkongresses Farm & Food 4.0 am Montag in Berlin zeigte. Das setzt eine faire Partnerschaft voraus – von der Landwirtschaft über die Lebensmittelindustrie und den Agrarhandel bis zum Lebensmitteleinzelhandel und den Verbrauchern.
Effizienz und Vertrauen gehören untrennbar zusammen, wenn die Digitalisierung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zum Erfolg werden soll, wie mehrere Redner des Fachkongresses Farm & Food 4.0 verdeutlichten.
„Der Datenschutz ist für die Akzeptanz digitaler Prozesse von elementarer Bedeutung“, sagte Andreas Rickmers, Vorstandsvorsitzender des Agrarhandelsunternehmens Agravis Raiffeisen AG, Münster und Hannover. Die Daten seien Eigentum des Landwirtes, so Rickmers weiter, und nur der Landwirt bestimme, was damit geschehe. Agravis betrachtet die Digitalisierung, wie nahezu alle Unternehmen, die sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigen, als Querschnittsaufgabe.
Die Landwirtschaft ist offen für die Digitalisierung. Repräsentative Untersuchungen des Branchenverbandes Bitkom, Berlin, unter Landwirten belegen: Fast 90 Prozent verbinden damit einen effizienteren Einsatz der Ressourcen und 75 Prozent erwarten sinkende Kosten. In der Praxis nutzen laut anderen Umfragen bereits mehr als 50 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe digitale Anwendungen.
Soll die digitale Agenda vom Acker bis zum Teller aufgehen, muss die entsprechende Infrastruktur leistungsfähiger werden: Zahlreiche Referenten des Kongresses Farm & Food 4.0 forderten daher einen beschleunigten Ausbau des Breitbandnetzes. Diese Infrastruktur ist für ländliche Räume, dem Standort der landwirtschaftlichen Erzeugung, deutlich unter dem Potenzial.
Und das gilt laut Prof. Klaus Lutz, Vorstandschef der BayWa AG, München, gerade im internationalen Wettbewerb. BayWa wolle die Landwirte praxisnah in der Digitalisierung unterstützen. Als Beispiele nannte der BayWa-Chef während des Kongresses „Know-how und Betriebsmittel für den teilflächenspezifischen Anbau als digitale Angebote aus einer Hand“.
Für die Verbraucher ist der Nutzen einer komplett digitalen Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft offenkundig. Stefan Hipp, Gesellschafter des Babykost-Herstellers, Pfaffenhofen, zeigte sich überzeugt, dass Rückverfolgbarkeit und Transparenz, insbesondere für sensible Nahrungsmittel, noch besser gewährleistet sein müssen: „Das schließt schonendere Verfahren auf dem Acker und im Stall mit ein.“
Mit der Digitalisierung kann sich die Agrar- und Ernährungswirtschaft wirkungsvoll vernetzen. „Komplexe Innovationsprojekte dürfen jedoch nicht zur Kostenfalle werden“, warnte Prof. Olaf Plötner von der European School of Management and Technology, Berlin. Er plädiert dafür, „proaktiv und nicht reaktiv zu handeln“. Investitionen seien erfahrungsgemäß erfolgreicher, „wenn sie aufgrund interner strategischer Entscheidungen, statt auf Basis von Kundendruck eingeführt werden.“
Der jährliche Kongress Farm & Food 4.0 ging 2018 in die dritte Runde. Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche diskutierten am 22. Januar in Berlin renommierte Referenten vor rund 400 Teilnehmern über die digitale Zukunft der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Das Motto des vom Deutschen Bauernverlag, Berlin, organsierten Kongresses lautete: „Mitten in der Revolution – Chancen suchen für die Wertschöpfung von morgen“.
Der kommende Kongress Farm & Food 4.0 findet am 21. Januar 2019 im bcc Berlin statt. /dbv