29. Januar 2020
Regenerative Landwirtschaft: Es geht nicht um „konventionell oder bio“
Eine Nachlese der Diskussion zu Regenerativer Landwirtschaft auf der Farm & Food 2020
Verschiedenste Anwendungsbeispiele machen deutlich, wie vielfältig die regenerative Landwirtschaft sein kann: Vorreiter aus Deutschland und den USA zeigen, wie sich das System auf den jeweiligen Betrieb anpassen lässt.
Moderiert von Benedikt Bösel, Gut & Bösel, diskutierten in diesem Panel: Georg Goeres, Indigo. Louisa Burwood Taylor, AgFunder News. Claudia Päffken, TIMAC AGRO. Adrian Ferrero, Biome Makers. Michael Reber, Innovative Landwirtschaft Reber.
Von Laura von Ketteler und Sarah Liebigt
„Die regenerative Landwirtschaft ist eine Landnutzungsform, bei der wir versuchen, über die Nutzung den Boden zu verbessern, die Biodiversität zu erhöhen. Anstatt nur die Symptome unseres vorherrschenden Produktionsmodells zu bekämpfen oder zu vermeiden, können wir versuchen, über Technologie auch die Ursachen zu verändern“, sagte Benedikt Bösel.
„Wegen der geringen Niederschläge mussten wir mit unserem Betrieb (Gut & Bösel, A.d.R.) eine neue Richtung einschlagen. Deshalb suchen wir weltweit nach Akteuren, die anders denken. Wir versuchen, neue Methoden auf unserer Farm umzusetzen und zu sehen, wie sie funktionieren und wie wir sie skalieren können.“, so Bösel zu Beginn der Diskussion. Nach der Einleitung bat Bösel die TeilnehmerInnen aufs Podium.
Die Diskussion um die Landwirtschaft sei zu viel „entweder oder“, konstatierte Georg Goeres, Indigo. Eine neue Art der Landwirtschaft müsse nicht nur biologisch sein. „Wir müssen dazu übergehen, immer weniger synthetische Stoffe zu verwenden. Für ihn ist die Landwirtschaft der Zukunft eine Kombination aus der Verbesserung des Bodens und dem Einsatz von Technologie in einer bezahlbaren Weise.
Vor fünf Jahren begann Michael Reber mit der Suche nach Alternativen. Das Wichtigste ist, dass sein Betrieb wirtschaftlich erfolgreich wird. „Entscheidend ist die Verbesserung der Wasserspeicherkapazität meines Bodens. „Die Bauern müssen wieder Geld verdienen. Ohne, dass wir fair bezahlt werden für das was wir tun, hat alles andere auch keinen Sinn.“
Wie hat die Umstellung im Laufe der Zeit funktioniert? Vor allem finanziell?
„Tatsache ist, dass wir in unseren Boden investieren, und deshalb müssen wir wirtschaftlich ein paar Einschnitte vornehmen“, so Reber. „Ein weiteres Problem ist, dass wir 85 Prozent unserer Grundstücke pachten. Wir müssen immer die Verpächter mit ins Boot holen.“ Für ihn ist es wichtig, während der Zeit des Wechsels auf neue Methoden eine finanzielle Unterstützung zu erhalten.
„Wir müssen uns von der Arbeit gegen die Biologie bzw. gegen die Natur lösen und mit ihr arbeiten“, so Adrian Ferrero in der Diskussion. Sein Unternehmen Biome Makers hat ein System zur Messung von Veränderungen des Ökosystems und der Auswirkungen auf die Bodenfunktionalitäten entwickelt. Die Landwirte erhalten eine Metrix, um das Mikrobiom in ihrem Boden besser zu verstehen. Durch das Sammeln von Daten über den Boden und über die Auswirkungen auf den Boden können die Landwirte ihn besser verstehen und mit ihm arbeiten.
Louisa Burwood-Taylor, Agfunder News, berichtete, sie sei 2013 zum ersten Mal auf Investitionsfonds für regenerative landwirtschaftliche Methoden gestoßen, allerdings außerhalb Europas. Jetzt sieht sie diese als eine globale Bewegung. In den Vereinigten Staaten gebe es Spitzenreiter wie Gabe Brown und inzwischen auch einige Investitionsfonds, die in die regenerative Landwirtschaft fließen.
Die regenerative Landwirtschaft sei lange als eine romantische Form der Landwirtschaft angesehen worden, so Bösel. Viele stimmen indes heute zu, dass sie tatsächlich ein entscheidender Teil der zukünftigen Landwirtschaft sein kann. „Wir müssen sie mit der Technologie kombinieren“, so Burwood-Taylor. „Außerdem denke ich, dass regenerative Systeme mit GVO kombiniert werden können.“
Wie nutzt zum Beispiel Indigo die Technologie?
Goeres: „Die Gelegenheit ist gigantisch und sie ist jetzt! Die Ausführung ist der Schlüssel.“ Indigo hat zum Beispiel ein mikrobiologisches Forschungsprogramm aufgesetzt, das den Bauern Alternativen bietet. Mit der Terraton-Initiative hat Indigo einen Weg gefunden, Landwirte finanziell zu belohnen, die ihre Böden verbessern. „Die Farmen werden überwacht, durch moderne Technologie wie Satelliten“, so Goeres.
Wie skalierbar ist regenerative Landwirtschaft, warum macht das nicht jeder?
Der Wissenstransfer ist hier entscheidend, so Michael Reber. In der Allgemeinbildung gebe es keine Antworten auf Klimawandel und Dürren und verbotene Substanzen. „Zunächst habe ich die regenerative Landwirtschaft nicht ernst genommen. Das Problem ist aber, dass wir uns irgendwo zwischen Bio- und konventioneller Landwirtschaft positionieren müssen, den beiden einzigen offiziellen Richtungen, die wir in Deutschland haben.“ Reber begann, Seminare zu geben, um einen Wissenstransfer zu schaffen. Die TeilnehmerInnen kommen aus verschiedenen Altersgruppen, arbeiten konventionell oder biologisch und kommen aus ganz Deutschland.
Für Ferrero ist es ebenfalls wichtig, die Bauern nicht zu spalten. „Betrachten Sie den Boden als Partner und sammeln Sie Daten, damit Sie ihn besser verstehen.“ Er betonte den Gesundheitsaspekt, indem er den Verbraucher einbezieht. Biome Makers hat dazu beispielsweise Bio- und konventionelle Äpfel verglichen. Die Bio-Äpfel hatten eine viel höhere Biodiversität, was mehr Mikroben und Nährstoffe bedeutet, wiederum gut für das Immunsystem. „Das Potenzial zur Skalierung der regenerativen Landwirtschaft ist enorm“, war er sich sicher. „Nachhaltigkeit und Rentabilität müssen garantiert werden.“
Aus den Abschlussstatements zur Frage, welche Chancen der Green Deal bieten kann
Goeres: „Es muss eine offene Diskussion darüber stattfinden, wie das Geld verwendet wird. Der Green Deal bietet 1 Billion Dollar für den Klimaschutz. Die regenerative Landwirtschaft wäre eine gute Möglichkeit, das Geld zu verwenden. Außerdem ist die Skalierbarkeit am wichtigsten, die Methoden müssen im industriellen Maßstab funktionieren.“
Reber: „Wir müssen mit grundsätzlichen Dinge anfangen, der Landwirt ist bisher oft allein gelassen mit seinen Entscheidungen. Wir müssen die Bewegung von unten starten, alle müssen zusammen kommen. Ich wünsche mir, dass wir in zehn Jahren nicht mehr über „Konventionell oder Bio“ sprechen.“
Burwood Taylor: „Als Verbraucher sollten Sie sich dafür interessieren, woher Ihre Lebensmittel kommen und wie sie produziert wurden. Als Verbraucher haben Sie die Möglichkeit, die landwirtschaftlichen Methoden zu beeinflussen.“