09. Januar 2019
Noch sind die Bereiche Landwirtschaft und Ernährung Silos
Interview mit Maximilian von Löbbecke, 365 FarmNet
Maximilian von Löbbecke hat die Konferenz Farm & Food 4.0 2016 ins Leben gerufen und 2017 die inhaltliche Leitung und Gesamtverantwortung an den Deutschen Bauernverlag übergeben. Wie sieht er den aktuellen Stand der Digitalisierung in Agri- und Food-Business? Welche Herausforderungen gibt es auf Produzenten- und Konsumentenseite? Im Interview gab er uns dazu einige Einschätzungen.
Farm & Food: Herr von Löbbecke, Begriffe wie Digital Farming, Farming 4.0 oder digitale Landwirtschaft werden von der Agrarbranche und Politik heiß diskutiert. Wie steht es um den Hype in Wirklichkeit?
Maximilian von Löbbecke: Wenn ich in der USA Landwirte nach dem befrage, was unter dem Stichwort AgTech aus dem Silicon Valley kommt, bekomme ich meist die Antwort “Hollywood Show”. Das zeigt mir, dass wir extrem aufpassen müssen, ob die Digitalisierung in der Landwirtschaft das ist, was am Ende tatsächlich auf dem Acker ankommt.
Was sind aktuell die Knackpunkte bei der Etablierung digitaler Methoden im Agrar und Food Bereich?
Vor allem geht es um den erkennbaren Mehrwert und die Nutzbarkeit. Wenn ich den Mehrwert nicht transportieren kann und der Landwirt oder der Konsument einen direkten Mehrwert nicht erkennt, dann nutzt er die Systeme nicht, und dann haben wir nichts gewonnen.
Das fängt beim Landwirt schon an bei der Eingabe von Daten in irgendwelche Systeme. Hier muss er erkennen, welche Vorteile er daraus ziehen kann. Konsumenten können theoretisch über Barcodes erkennen, woher die Inhaltsstoffe der Lebensmittel kommen – allerdings ist das Interesse und die Nutzung derzeit noch extrem gering.
Welchen ökologischen und ökonomischen Vorteile bieten digitale Wertschöpfungsnetzwerke für Landwirte und Verbraucher?
Ökologie und Ökonomie sind sehr eng miteinander verwoben. Ein Beispiel ist die Früherkennung von Krankheiten, sowohl beim Tier als auch auf dem Feld bei der Pflanze. Dies wirkt sich auf den Einsatz von Antibiotika oder Chemikalien auf dem Acker oder beim Tier selbst aus, mit ökonomischen und ökologischen Resultaten.
Das zweite ist die Erkennung von Problemzonen auf dem Feld und die teilspezifische Ausbringung von Mitteln, die wir auf der ökonomischen Seite einsparen. Weniger Einsatz von Chemikalien heisst aber auch: Sauberer Boden, sauberes Wasser.
Auf dem Weg in ein vernetztes Agri-Food-Sytem, was erwarten Sie für die kommenden fünf Jahre?
Ich nehme die Bereiche Agri und Food bisher als Silos wahr, wo wenig Austausch stattfindet. Es wird viel diskutiert, seit kurzem auch über das Thema Traceability, also an den Konsumenten Informationen zu geben, wo die Urproduktion der Inhaltsstoffe stattgefunden hat.
Die Problematik heute ist, dass es keine Zahlungsbereitschaft dafür gibt, weder beim Konsumenten noch beim Hersteller. Aber in diesem Bereich wird sich in den nächsten fünf Jahren einiges bewegen, schon alleine bei der Datenerfassung bei der Urproduktion von Fleisch oder Feldfrüchten für die weitere Verarbeitung in den Fabriken, um einen Vorsprung an Information zu haben.
Was ist der Stellenwert der Konferenz Farm & Food 4.0 für Sie als Initiator und was erwarten Sie von Ihrer Beteiligung als Premiumpartner?
Als Initiator und Namensgeber des Kongresses haben wir eine extrem hohe emotionale Bindung an die Veranstaltung. Er dient nach wie vor dem Anschieben, Diskutieren und Begleiten der digitalen Entwicklung in dem Bereich Agri-Food. Er soll Antworten liefern auf viele Fragen, welche die verschiedenen Teilnehmer in der Wertschöpfungskette haben.