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01. Oktober 2019

Regenerative Landwirtschaft in Deutschland

Landwirt Michael Reber (Innovative Landwirtschaft Reber) über die Wirtschaftlichkeit neuer Methoden

Von Laura von Ketteler

Einen Bodenkurs für 2000 Euro finden die Kollegen verrückt. Aber dieselbe Summe für zusätzlichen Schnickschnack beispielsweise am Traktor auszugeben, ist ganz normal. Hier muss ein Umdenken stattfinden, sagt Michael Reber, Leiter des Betriebes Innovative Landwirtschaft Reber.

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Farm & Food: Die Regenerative Landwirtschaft ist in Deutschland noch ein recht neues Thema. Wie auch der Begriff nachhaltige Landwirtschaft wird die regenerative Landwirtschaft unterschiedlich ausgelegt. Was bedeutet der Begriff für Dich?

Michael Reber: Ich betreibe die regenerative Landwirtschaft seit fünf Jahren nach dem System von Dietmar Näser und Friedrich Wenz, angepasst auf unseren Betrieb. Für mich bedeutet regenerative Landwirtschaft die Regeneration des Kohlenstoffhaushalts, sprich die Bindung von CO2 in Form von Humus. Es bedeutet aber auch Regeneration von Nährstoffgehalten, die sich im Produkt wiederspiegeln. Wir müssen es schaffen, Humus wiederaufzubauen.

Wir alle reden über nachhaltige Landwirtschaft, aber nachhaltig kann auch nachhaltig schlecht sein. Der Unterschied in der regenerativen Landwirtschaft liegt darin, dass wir was verbessern wollen und nicht auf dem Status Quo bleiben wollen. Auf unserem Betrieb versuchen wir, das jetzt auch mit einem CO2 Zertifizierungs-Konzept sichtbar zu machen. Wir werden 2020 die ersten Tests machen, die den zusätzlichen Humusaufbau des Bodens seit der ersten Untersuchung 2017 messen. Wenn alles klappt, dann können wir dadurch CO2 Zertifikate an Unternehmen verkaufen.

Woher kommt dieser Ansatz eigentlich und in wie fern ist das Wissen über regenerative Landwirtschaft in Deutschland verbreitet?

Die Begrifflichkeit kommt aus den USA und Australien. Es gibt hier Pioniere wie Joel Salatin und Gabe Brown, die das Thema auf ein neues Niveau gebracht haben. Aus Afrika kennen wir Allan Savory, der das Holistic Management System entwickelt hat. In Brasilien hat Ernst Götsch die Ideen der regenerativen Landwirtschaft in der sogenannten Syntropischen Landwirtschaft weitergedacht. Dies sind alles Konzepte, die auf den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft basieren. In Europa findet das Thema gerade erst seinen Anfang, aber ich würde sagen, dass Deutschland und Österreich bisher hier am weitesten sind. Durch Seminare und den Austausch untereinander verbreitet sich das Thema langsam unter den Deutschen Landwirten, darunter meist junge Landwirte.

Was hindert den Landwirt daran, solche Ideen umzusetzen oder überhaupt erstmal auszuprobieren?

Ganz oft fehlt es den Landwirten an Zeit und an wirtschaftlichen Anreizen, zusätzliche Maßnahmen umzusetzen. Erstmal kostet es Geld Humus aufzubauen. Das Geld haben allerdings viele Landwirte nicht mehr und es fehlt an Fördermitteln dafür. Automatisierung im Stall und Acker kann Zeit schaffen, allerdings muss diese Zeit zum Beispiel für Tierbeobachtung und Bodenanalysen genutzt werden. Meist wird die Zeit allerdings dafür verwendet, die Flächen zu vergrößern. Ich denke, es ist manchmal wichtig, einen Schritt zurück zu gehen und das was man tut richtig zu machen, bevor man seinen Betrieb vergrößert. Woran es aber vor allem fehlt, ist das notwendige Wissen. An lehrenden Institutionen wird das Thema Humusaufbau bzw. Regenerative Landwirtschaft kaum erwähnt, nicht mal im Ökolandbau.

Was hat Dich dazu bewegt, mit Innovative Landwirtschaft Reber einen neuen Weg einzuschlagen?

Wir hatten vor 13 Jahren eine wirtschaftlich schmerzliche Erfahrung mit einer Krankheit im Stall. Danach hat sich der Schweinemarkt drastisch verändert und es wurde Zeit, umzudenken. 2009 haben wir die Biogasanlage gebaut, das war die Rettung für den Betrieb. Nun konzentriert sich der Betrieb auf 200 ha Ackerbau für die Biogasanlage.  Wir haben hier schwere Tonböden mit 30 bis 45 Bodenpunkten und einem hohen Magnesiumgehalt, was die Böden schwer zu bearbeiten macht. Es kommt also vor allem auf die Bodenbearbeitung an. Nachdem ich den Bodenkurs besucht habe, hat sich in meiner Denkweise einiges geändert. Ich war schockiert, wie wenig ich von dem Ganzen zuvor gehört hatte.

Siehst du Themen wie Digitalisierung als wichtigen Teil einer zukunftsfähigen Landwirtschaft an?

Ich sehe das nicht ganz so optimistisch wie viele andere, es gibt einige sinnvolle Umsetzungen wie z.B. die GPS-gesteuerte Teilbreitenschaltung für Pflanzenschutzspritzen oder Düngerstreuer. Digitalisierung ist grundsätzlich positiv, aber sie fördert meist auch wieder Strukturwandel. Auf einem Betrieb wie unserem mit 200 ha sind wenige dieser Lösungen wirklich wirtschaftlich nützlich. Als ich den Bodenkurs für 2000 Euro gemacht habe, hielten mich alle für verrückt. Aber dieselbe Summe für zusätzlichen Schnickschnack z.B. am Traktor auszugeben, ist ganz normal. Hier müssen wir umdenken.

Was ich wirklich viel nutze, sind Kommunikationsmedien. Social-Media-Kanäle werden immer mehr unter Landwirten genutzt, um an neues Wissen zu kommen, von Innovationen zu lernen und über Veranstaltungen zu erfahren. Ich persönlich nutze am meisten Instagram und WhatsApp Gruppen für den Austausch.

Wo siehst Du die Landwirtschaft in 30 Jahren?

Sie wird sich noch weiter aufteilen, denke ich. Es wird zum einen vermehrt Konzepte wie solidarische Landwirtschaft, Direktvermarktung und lokalen Handel geben. Aber gleichzeitig wird es nach wie vor weiterwachsende Großbetriebe geben, die stark durchrationalisiert, digitalisiert und automatisiert sind. In den letzten Jahren hat sich außerdem langsam eine spannende Start-Up Szene in Deutschland entwickelt, die das Landwirtschaftsbild immer stärker prägen wird.

Auf meinem eigenen Betrieb möchte ich gerne die Direktsaat ausprobieren. In den USA wird viel damit getestet, Mais in bestehende Zwischenfruchtbestände reinzusähen, damit der Zwischenfruchtbestand den Mais hinterher vor Erosion und Verunkrautung schützt. Wir bearbeiten den Boden momentan noch zu intensiv, so dass die Gefahr für Erosion wächst. Niederschläge bestehen bei uns in Schwäbisch Hall im Sommerhalbjahr fast nur noch aus Starkregenereignissen. Da ist es wichtig, dass das Wasser auf der Fläche bleibt, es darf nicht oberflächlich fließen, sondern muss absickern können.

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