12. Dezember 2019
Die Expertin für Digitalisierung in der Landwirtschaft zum Thema Satellitenbilder
Interview mit Dr. Katrin Kohler, Satlytics
Satellitenbilder in Kombination mit anderen bestehenden Daten sind in der Lage, die landwirtschaftliche Prozesskette komplett digital zu schließen, erklärt uns Dr. Kohler. Mehr dazu in Ihrer Session auf der Farm & Food 4.0 in Berlin und vorab hier im Interview.
Von Sarah Liebigt
Farm & Food: Woran arbeiten Sie zurzeit, was ist Ihr wichtigstes Projekt?
Dr. Katrin Kohler: Ich arbeite derzeit daran, Satellitenbilder intelligenter zu machen. Denn ich finde, wir sollten davon wegkommen, Satellitenbilder nur dazu zu nutzen, Wachstumsunterschiede im Feld zu erkennen; und danach den Landwirt ins Feld zu schicken, um nach den Ursachen für die Wachstumsunterschiede zu schauen.
Verknüpfe ich diese Informationen mit weiteren Informationen, kann ich die Ursache, die hinter den im Satellitenbild aufgedeckten Symptomen steckt, herausfinden. Ich nutze z.B. Wetterdaten, um abzuklopfen, ob zurzeit überhaupt geeignete Bedingungen für das Auftreten einer Pilzkrankheit vorherrschen. Ist dies der Fall, schaue ich anhand digitaler Höhendaten, ob das Feld Hangneigung hat, so dass sich evtl. in der Tallage ein feuchteres Mikroklima eingestellt. Und ich schaue auf dem Satellitenbild nach, wie viele Weizenfelder in der näheren Umgebung zu meinem Weizenfeld liegen, um den Krankheitsdruck abzuschätzen. Usw. So können wir die Prozesskette digital komplett schließen.
Da hier viele Daten kombiniert und zusammen analysiert werden müssen, kommen wir hier in den Bereich Big Data. Aber bereits heute ist es möglich, mit den richtigen Tools und Verfahren in Minutenschnelle 100Tausende von Feldern und ihre Eigenschaften zu analysieren.
Wie begegnen Sie technik-kritischen Betrieben?
Betriebe haben allen Grund dazu, technik-kritisch zu sein, geht es doch immer um deren Existenz, es geht um teure Produktionsmittel und es geht um Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen, womit ich die Pflanzen und Tiere meine. D.h. wir müssen nicht nur ökologisch vertretbare, sondern auch ökonomisch sinnvolle und praxistaugliche Lösungen entwickeln.
Ich finde, wir alle sollten die Digitalisierung als Chance begreifen. Zum einen, um konventionelle Prozesse zu automatisieren und Arbeiten von Sensoren und Robotern übernehmen zu lassen. Dann haben alle mehr Zeit für wichtigere Dinge. Mit den neuen Werkzeugen und Daten können wir aber auch Neues entwickeln. Und wer, wenn nicht Landwirte, als Natur- und Technik-affine Unternehmer, haben das Zeug, sich wirklich Neues auszudenken.
Welche Hürden müssen Landwirte überwinden, um neue Technik wie Satelliten gestützte Anwendungen nutzen zu können?
Eigentlich keine. Es gibt Einsteigermodelle, die sind intuitiv und sofort ohne zusätzliches Equipment einsetzbar. Ein Beispiel: In einigen Apps kann man sich eine Satellitenbildkarte für sein Feld per Klick herstellen lassen, inklusive Feldgrenzen. Die Karte kann man auf dem Tablet mit in den Trecker nehmen und sofort mit der teilflächen-spezifischen Düngung beginnen. Dazu braucht es kein zusätzliches Equipment. Das ist erst vonnöten, wenn man den gesamten Prozess automatisch ablaufen lassen will.
Es gibt vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Big Data. Welche Bereiche der Landwirtschaft können am ehesten davon profitieren?
Big Data ist leider ein Begriff, der oft negativ besetzt ist. Dabei sind wir alle mitten drin. Es werden ständig Daten erhoben, vom Smartphone, von Maschinen, Satelliten, Drohnen, bei Bodenproben im Feld: Die digitalen Daten und deren Nutzung sind die Grundlage für Innovationen.
Sehen Sie mögliche Kooperationen mit anderen Fachbereichen, die es so noch nicht gibt, oder die ausgebaut werden müssten, um Verbesserungen in der Landwirtschaft zu erzielen?
Kooperationen sind sehr wichtig. Es wird darauf hinauslaufen, dass wir den Landwirten nicht mehr einzelne Karten oder Datensätze anbieten. Sondern Satellitenbilder werden in Zukunft einfach ein Zubehör sein: Wenn ich ein Auto kaufe, möchte ich ein gut funktionierendes Navigationssystem haben. Welche Karten und Daten dort hinterlegt sind, ist nebensächlich. Genauso sehe ich das auch in der Landwirtschaft.
Was macht die Farm & Food 2020 für Sie zum interessanten Event?
Die Farm & Food vermittelt einen sehr guten Rundumblick über alle Bereiche der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Deshalb verspricht sie interessante Einsichten und Gespräche. Ich freue mich sehr darauf.