03. Juni 2020
Gute Ernährung braucht gesunde Äcker
Interview mit Daniel Töppe
Daniel Töppe ist Landwirt und als solcher Mitglied des Bodenschmiede-Gremiums: Gemeinsam mit sieben weiteren VertreterInnen aus dem Agrifood-Bereich hat er die Einreichungen zum Ideenwettbewerb Bodenschmiede bewertet und sieben FinalistInnen bestimmt. Im Interview mit Farm & Food spricht er über Chancen des Wettbewerbs und darüber, was es braucht, um mit gesunden Böden gute Ernährung sicher zu stellen.
Von Sarah Liebigt
Bodenschmiede Live-Pitch am 09. Juni 2020
Jetzt kostenfrei anmeldenHerr Töppe, Sie gehören zum Gremium des Ideenwettbewerbs Bodenschmiede. Gemeinsam mit Ann-Christin Kahler vertreten Sie die Expertise der Landwirte. Was reizt Sie an diesem Wettbewerb, welche Chancen sehen Sie?
Mich reizt an der Bodenschmiede die Möglichkeit den Entwicklungsstand im eigenen Betrieb mit innovativen Ideen aus der Branche abzugleichen. Neue Anreize aufzugreifen und diese in das eigene Konzept zu integrieren bringt am Ende den entscheidenden Fortschritt, den wir dringender denn je in der Landwirtschaft benötigen. Und einige Ideen die zum Wettbewerb eingereicht werden zeigen das deutlich.
Dass die Landwirtschaft in Deutschland und weltweit vor immer größeren Herausforderungen steht, wissen Sie als Landwirt selbst am Besten. Was können und müssen Landwirte heute anders machen als ihre Elterngeneration, um diese Herausforderungen zu meistern?
Den Spruch der Elterngeneration: “Das haben wir schon immer so gemacht!“ kennt wahrscheinlich jeder Landwirt quer durchs Land. Genau diese Einstellung ist die größte Bremse in Bezug auf Innovationen und Veränderungen. Alles um den Landwirt herum verändert sich in einem rasanten Tempo; die Märkte, das Klima, die politischen Rahmenbedingungen, Wirkstoffe und Beizen fallen weg, usw. Darauf müssen wir reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und unser wirtschaftliches Überleben zu sichern. Wir müssen unser Handeln als Unternehmer anpassen und nicht nur anderen die Schuld zuweisen, wie es oft in unserer Branche gemacht wird. Deshalb ist es umso wichtiger, aufgeschlossen nach neuen Ideen und Innovationen zu suchen.
Julia Harnal, BASF, bezeichnet Landwirte als „Meister der Innovation“. Doch neue Ideen kommen nicht nur aus der Landwirtschaft, sondern auch aus mitunter fachfremden Disziplinen. Muss die Landwirtschaft offener werden für Ideen, die in großstädtischen Hinterhofbüros ausgebrütet werden?
Ja, Landwirte sind von Haus aus Tüftler, die immer nach Optimierung streben. Aber auch durch die Start-Up-Szene kommen immer mehr innovative Ideen ans Licht, die ihren Ursprung nicht immer in der Landwirtschaft haben, gleichwohl dort aber hervorragend zum Einsatz kommen können. Egal ob es sich dabei um technische Lösungen, das Managen biologischer Prozesse oder gar neuartige Geschäftsmodelle handelt. Innovative Landwirte zeigen sich offen gegenüber diesen Hinterhofbüros und suchen bewusst nach Schnittstellen mit ihnen, um die eigene Entwicklung voranzutreiben. Der Farm & Food Kongress ist so eine Veranstaltung, die aufgeschlossenen Landwirten die Möglichkeit bietet, solche Kontakte zu knüpfen.
Oder braucht es stattdessen ein besseres Verständnis der (heutigen) Landwirtschaft an sich?
Ich selbst betrachte die Landwirtschaft – explizit den Ackerbau – mittlerweile aus einer anderen Sichtweise als noch während meiner Aus- und Weiterbildungszeit. Seminare zum Thema Regenerative Landwirtschaft haben mir einen neuen Blickwinkel ermöglicht. Am Ende geht es immer um eine ausgewogene und gute Ernährung. Und die bekommen wir in der Regel vom Acker! Es ist interessant, die Parallelen zwischen Mensch und Pflanze zu sehen. Denkt man länger darüber nach, wird es einem völlig klar. Du bist was du isst! Fehlt ein Spurenelement wie Kupfer im Boden, fehlt es auch in der Pflanze, und somit auch in der Nahrung. Chronische Erkrankungen beim Mensch sowie ein geschwächtes Immunsystem sind die Folge.
Auf dem Acker sehen wir diese Auswirkungen einer fehlenden Vitalität als Pflanzenkrankheiten wie Rostbefall oder aber Läusebefall bei einer Überernährung von Stickstoff. Diese Wechselwirkungen werden allerdings noch viel zu wenig erforscht und in Bildungseinrichtungen weitergegeben. Aber es ist Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Wir erleben ein starkes Umdenken in diese Richtung bei immer mehr Landwirten.
Nachhaltigkeit und ressourcenschonendes Wirtschaften sind keine Nischentrends mehr. Wie können Landwirte gesellschaftliche „Trends“ umsetzen bzw. profitabel für sich nutzen?
Das Verbraucherverhalten ändert sich konstant und genau das birgt viele Chancen für die Landwirte. Waren früher Brotgetreide, sowie Milch- und Fleischerzeugung das Hauptproduktionsfeld, kommen durch neue “Trends” zunehmend auch Nachfragen nach Alternativprodukten, die schnell aus einer Nische herauswachsen können. Junge Menschen definieren sich zunehmend über ihre Ernährung, bzw. einen umweltschonenden Lebensstil. Die vegetarisch/vegane Ernährung z.B. ist eine Art Lifestyle geworden, der mittlerweile eine riesige Fangemeinde weltweit hat. Es ist angesagt, sich gesund und nachhaltig zu ernähren und anstatt dies zu belächeln, könnte man die Chance ergreifen und die gefragten Produkte wie Hafer für Hafermilch oder Erbsen für Burgerpattys produzieren. Der Fantasie sind dort keine Grenzen gesetzt, doch passende Partner für die Aufbereitung und Verarbeitung müssen gefunden werden.
Dazu kommen wir wieder zum Thema “Hinterhofbüro” zurück. Dort sitzen die potentiellen Partner für diese neuen Märkte, die Verarbeitungstechnologien oder Geschäftsmodelle entwickeln und nach regionalen Produzenten suchen. Dies kann für alle Beteiligten profitabel gestaltet werden, vorausgesetzt die Qualität stimmt.