02. März 2021
Finanzierung in Zukunft nur für nachhaltiges Wirtschaften?
Die Rabobank testet Nachhaltigkeitsscore für Landwirte
Die genossenschaftliche Rabobank versteht sich bereits seit mehreren Generationen als Unterstützer der Landwirtschaft. Jetzt entwickelt sie eine Methodik, um die Nachhaltigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben zu messen und LandwirtInnen in Zukunft so mehr Sicherheit zu bieten, erzählt uns Jakob Brand. In seiner Funktion als International Business Manager F&A der niederländischen Rabobank unterstützt er Agrarkunden, die im Ausland investieren möchten. Er ist Teilnehmer des Praxis-Talks #04 am 11.03.2021 zum Thema „Zukunft Landwirtschaft: Profitabel, Nachhaltig, Lebenswert“.
Von Laura von Ketteler
Als Bank, die als Genossenschaftsbank gegründet wurde und die seit Generationen in den landwirtschaftlichen Sektor investiert, wie beobachtet ihr die aktuellen landwirtschaftlichen Entwicklungen?
Wir merken, dass der Agrarbereich sehr stark in Bewegung ist. Im Grunde ist das nichts neues, da sich die Landwirtschaft seit jeher extrem schnell verändert hat. Zwischen 1955 und 1965 zum Beispiel gab es eine große Innovationwelle, unter anderem durch die Entwicklung von Düngemitteln, Spritzmitteln und natürlich auch durch die Mechanisierung. Die Folgen dieser Entwicklungen waren enorm bedeutend für die Landwirtschaft. Heute wirken zahlreiche äußere Einflüsse auf einen Betrieb ein. Zahlreiche Möglichkeiten und Herausforderungen verunsichern die Landwirte und es ist schwieriger geworden vorherzusehen in welche Richtung sich die Landwirtschaft entwickeln wird. Neu ist, dass nicht mehr allein nur das fertige Produkt von Interesse ist, sondern auch die Lebensmittelproduktion in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Darüber hinaus ist der Landwirt Nutzer des öffentlichen Raums und wird dadurch mehr und mehr zum Anbieter von Dienstleistungen. Die Gesellschaft erwartet sowohl die Erfüllung von Vorgaben und Grenzwerten, beispielsweise in Bezug auf C02 Bindung, Tierwohl und sauberem Grundwasser, als auch die Gestaltung von Freizeitaktivitäten.
Welche Rolle spielt der Landwirt in diesem Spannungsfeld?
Der Landwirt trägt vermehrt die Verantwortung dafür, gesellschaftliche Themen zu verbinden und in Dienstleistungen zu übersetzen. Er ist nicht mehr nur Primärproduzent, sondern gleichzeitig auch zum Dienstleister geworden. Spricht man mit den Landwirten, dann ist nahezu jeder auch gewillt, sich in diese Richtung zu entwickeln. Um dies umzusetzen, benötigt es allerdings Innovation, die gleichzeitig nachhaltig ist. Den Landwirten fällt es jedoch schwer, grün zu denken, wenn ihr Konto rote Zahlen schreibt. Die Herausforderung liegt also darin, die Dienstleistungen so umzusetzen, dass sie dem Landwirt auch Geld einbringen.
Welche Idee beinhaltet das von der Rabobank entwickelte E-Rating?
„Growing a better world together” ist der Leitgedanke der Rabobank. Wir möchten die Rolle des Landwirts ändern. Weg vom ewigen Sündenbock, hin zu einem objektiven und transparenten Bild, um so die Zukunft unserer Kunden zu sichern. Das Thema Nachhaltigkeit spielt dabei aus unserer Sicht eine große Rolle: Wir haben 12 Nachhaltigkeitsthemen identifiziert, die wir zusammen mit einem externen international renommierten Berater erarbeitet haben. Darunter Umweltthemen wie beispielsweise Tierwohl, Wasser-Management und Energieeffizienz, aber auch soziale Aspekte in Form von Community Involvement. Ziel dabei ist es, für landwirtschaftliche Betriebe zu allen 12 Themen jeweils Informationen aus zuverlässigen Datenquellen zu sammeln und so ein ganzheitliches objektives Bild des Betriebes zu schaffen. Dabei geht es um Daten wie zum Beispiel dem mineralischen Zustand des Bodens oder der CO2-Emission per kg Milch. Aus diesem Gesamtbild des Kunden wird dann eine Metrik-ID abgeleitet, mit einem Score von 1 bis 100 – das sogenannte E-Rating.
Momentan testen wir das E-Rating weltweit, in den Ländern, in denen wir in der Agrarfinanzierung tätig sind. Unseren ersten Erfahrungen zufolge tragen Kunden mit einem hohen Nachhaltigkeitsscore ein niedrigeres Risiko. Die Bank hat damit die Möglichkeit das Risiko besser zu bewerten und über sogenannte Impact-Loans bzw. Darlehen zu entscheiden. Wir werden also mit Hilfe des E-Scorings wichtige zusätzliche Informationen generieren, die über die Fragen der Rentabilität und Liquidität hinaus gehen. Ich denke, dass das E-Scoring in naher Zukunft eine vergleichbare Position wie die Bonitätsklassen haben wird, zumal wir gegenüber unseren Geldgebern in der Verantwortung stehen. Diese möchten wissen, dass ihr Geld sinnvoll eingesetzt wird und da sind Nachhaltigkeitsthemen immer stärker gefragt.
Was hat der Landwirt ganz konkret vom E-Rating?
Der Landwirt wird das E-Rating gut gebrauchen können, um objektiv nachweisen zu können, wie nachhaltig er agiert. Zum einen für Geldgeber und Versicherungen. Und zum anderen mit Blick auf die Erwartungen der Verbraucher und somit auch auf die Zukunft seines Hofs. Denken wir an das Nutri-Scoring in Supermärkten, wo Lebensmittel nach deren Nährstoffe und Gesundheit bewertet werden. Jetzt gibt es auch zunehmend Produkte, die durch einen Eco-Score gekennzeichnet werden und für den Verbraucher transparent machen, wie nachhaltig das Produkt ist. Für solche Systeme muss der Landwirt verstärkt Daten über seinen Betrieb sammeln. Allerdings muss er auch gewillt sein, nachhaltig zu wirtschaften und an sich zu arbeiten.